Ibérico Schinken aufgeschnitten

Ibérico Schinken: Alles über das spanische Gourmeprodukt

von Artur Jagiello
20 Minuten Lesezeit

Der Ibérico gehört zu den edelsten Schinken weltweit und in diesem Beitrag möchten wir uns dieser Leckerei genauer widmen.

Falls ihr also schon immer einmal wissen wolltet, wie das Gourmetprodukt aus Spanien schmeckt und wie es hergestellt wird, dann lest weiter.

Wir waren vor Ort, bei der Ham Passion Tour!

Ibérico Schinken fein aufgeschnitten
Der Ibérico ist ein Star auf einem gut gedeckten spanischen Tapastisch

Die Ham Passion Tour

Fangen wir vorne an, denn es gibt einen guten Grund, weshalb wir hier sehr intensiv zum Ibérico schreiben.

Jamones Ibéricos de España und die Europäische Union haben gemeinsam ein Förderungs- und Informationsprogramm über den iberischen Jamón gestartet. Das Ziel ist es, Europa den unnachahmlichen Geschmack dieses kulinarischen Schmuckstücks näherzubringen.

Das Projekt verläuft in Form einer groß angelegten Kampagne mit Roadshows in 24 europäischen Städten. Sie läuft drei Jahre und richtet sie sich an den städtischen Verbraucher mit dem Interesse an der Gastronomie, Ernährung, Restaurants, ausgeglichenem und gesunden Essen sowie an Chefköche, Restaurantverantwortliche, Hotelfachschulen, Kommunikationsmittel und Influencers als Informationsverbreiter.

Aber warum machen die das?

Wir kennen ja Ibérico. Das ist doch dieser Schinken aus Spanien. Naja und genau das ist das Problem, es ist eben nicht nur ein Schinken, sondern DER Schinken schlecht hin.

„Tausende deutsche Touristen entdecken den iberischen Jamón auf ihren Reisen nach Spanien und sie kaufen ihn auch nach ihrer Rückkehr auf Grund seiner Qualität, seines Geschmacks, der Rückverfolgbarkeit und Umweltnachhaltigkeit, ohne die anerkannten guten Eigenschaften für das Herz zu vergessen.“

Pressemeldung der Ham Passion Tour

Diesmal ist es eben anders, diesmal kommt der Schinken zu uns!

Deutschland ist zweitgrößtes Importland

Was viele vielleicht ahnen, die Menschen in Deutschland lieben Schinken und das hilft den Spaniern bereits im Abverkauf des Ibérico ungemein.

Wir sind das zweitgrößte Importland hinter Frankreich. Im Jahr 2018 stiegen die Exporte des spanischen Ibérico um 6,95 Prozent auf 12.150 Tonnen. Das sind 93 Millionen Euro Umsatz.

Schauen wir uns mal kurz die Exportdaten an:

JahrAFRIKAAMERIKAASIENEUROPAOZEANIENSONSTIGESINSGESAMT
2018545,2954.434,5824.615,96355.764,2310.398,712.821,20448.579,97
% auf die Gesamtexporte0,12%12,13%5,48%79,30%2,31%0,62%100%

Wir sehen, dass Europa mit fast 80 Prozent Exportanteil ganz klar der Hauptmarkt für den spanischen Schinken ist und Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien selbst zählen zu den größten Konsumenten.

Damit dürfte klar sein, warum eine solche Tour in Deutschland Halt machen muss.

Ein echter Ibérico kommt auch daher!

Ein echter Ibérico darf auch nur diese Bezeichnung tragen, wenn er von der iberischen Halbinsel stammt bzw. ein Elternteil aus der Region ist. Sind beide Tiere iberisch, dann haben wir es mit einem hundertprozentigen Ibérico zu tun. Ist nur ein Teil daher, sind es eben 50 Prozent.

Seine Herkunft mach den Schinken zu etwas Besonderem und für die Spanier ist er ein wichtiger Bestandteil ihrer kulinarischen Kultur:

„Der Jamón ist eines der Starprodukte der Schweinefleischerzeugnisse und gehört zum mediterranen Essen, das als immaterielles Weltkulturerbe von der UNESCO anerkannt wurde. „

Dossier zur Ham Passion Tour
Das Schneiden

So wird ein iberischer Jamón hergestellt

Für die Herstellung des Schinkens sind laut Aussagen des Verbandes vor allem „Geduld, Liebe und Leidenschaft“ wesentlich.

Sie ist in etwa zu vergleichen mit dem Prozess der Produktion eines guten Weines oder Whiskeys. Auch bei diesem Schinken dauert es gerne vier bis sechs Jahre, bis er verkauft werden kann.

Der Prozess besteht aus diversen Schritten, die ich hier kurz erläutern möchte:

Schlachtung und Gesundheitskontrollen

Die Schlachtung des Schweins verläuft unter Beachtung von strengen Vorschriften. Diese sind im europäischen Herstellungsmodell aufgeführt und laut Verband eine der strengsten der Welt.

Zu den Schlachtvoraussetzungen zählen das Mindestalter des Tieres (14 Monate bei Eichelmast, 12 Monate bei Mast auf dem Feld, 10 Monate bei Stallmast) und das Mindestgewicht der Schweinehälfte von 115 Kilogramm (außer für 100 Prozent iberische Schweine, bei denen sind es 108 Kilogramm).

Schweine Iberico Freihaltung
Glückliche Schweine und so muss das auch sein!

Zerlegung

Bei der Zerlegung des Tieres werden nicht nur Schinken und Vorderschinken entnommen, sondern auch das Fleisch von den Lenden, Rippen, der Flügel, das Filet, Schulter … hier wird nicht ein Gramm verschwendet.

Schneiden

Nach 24 Stunden und Kühlung der Schinken und Vorderschinken werden diese mit dem Messer „beigeschnitten“, wobei das übermäßige Fett entfernt wird. Sie werden dadurch in Form gebracht, sodass sie für den Reifeprozess durch das darauffolgende Pökeln bestens vorbereitet sind.

Pökeln

Pökeln ist die Aufnahme des Salzes in die Muskelmasse, um den Wasserverlust zu erreichen und die Konservierung zu begünstigen.

Diese Form der Haltbarmachung kannten bereits unsere Vorfahre in der Antike. Zu großer Beliebtheit kam das Verfahren dann bei den Seefahrern, die auf ihren langen Entdeckungs- und Handelsreisen besonders haltbares Proviant benötigten.

In dieser Phase werden die Stücke zunächst gewogen und in feuchtes Salz gepökelt.

Das Verhältnis beträgt ungefähr 1 Tag Lagerung pro 1 Kilogramm Fleisch.

Die Kammer, in der das Fleisch einglagert wird, hat eine Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent. Nach dem Pökeln werden die Stücke mit lauwarmem Wasser abgewaschen, um das angeheftete Salz zu entfernen.

Iberico pökeln
Hier werden die Schinken in Salz eingelagert

Nach dem Pökeln folgt das Ruhen

Im nächsten Schritt folgt der Ruheprozess, bei dem die Oberflächenfeuchtigkeit nach und nach schwindet. In dieser Phase verbringen die Stücke ungefähr drei Monate. Dabei wird die Temperatur ganz langsam erhöht und somit die Feuchtigkeit immer weiter verringert. Dadurch trocknet der Jamón aus und das Salz verteilt sich gleichmäßig im ganzen Stück.

Reifung

Nun kommt der langjährige Reifeprozess bei Raumtemperaturen. Hierbei verliert der Schinken weiter an Feuchtigkeit und der natürliche Fermentierungs- oder Enzymprozess tritt ein.

Der Schritt ist sehr wichtig, um die notwendigen organoleptischen Merkmale zu erreichen. Der Gewichtsverlust (Schwund) des Jamón während der Reifung kann zwischen 33 und 36 Prozent betragen. Wir unterscheiden hier zwischen …

  1. Natürlichen Trockenräumen: Bei dieser Reifung werden die Temperatur und Feuchtigkeit natürlich geregelt, indem einfach nur Fenster auf und wieder zu gemacht werden. Der Reifeprozess bei Stallmast beträgt in natürlichen Trockenräumen ein Jahr, bei Eichelmast sind es zwei Jahre.
  2. Kellerraum: Es ist ein kühler Ort ohne Licht, in dem, wie man in Spanien sagt, „die Schinken mindestens anderthalb Jahre schlafen“. Die Feuchtigkeit beträgt hier zwischen 60 und 75 Prozent und die Temperatur liegt zwischen 12 und 18ºC.
    Kellerräume sind etwas stabiler in ihren Werten und fördern außerdem bestimmte Arten von Schimmel, der als Indikator für die Reifung der Schinken gilt. Hier ist der Reifungsprozess, also das Ausschwitzen der inneren Fette des Jamón, langsamer. Dies wiederum führt dazu, dass sich die Aromen im Innern fest etablieren den iberischen Jamón so einzigartig machen.
Reifeprozess Iberico Schinken
Beim Reifeprozess der Schinken verlieren die Stücke ganz langsam an Feuchtigkeit und tollen Aromen können sich entfalten.

Calado (Probeentnahme) des Jamón

Vor dem Herausholen des Jamón aus dem Trockenraum muss dessen Reifegrad überprüft werden. Das geschieht durch das Eindrücken des Fleisches sowie durch das sogenannte „Calado“.

Dabei wird die „Cala“ (eine Art Spitze des Schienbeins der Kuh oder des Pferdes) in drei oder vier Punkte des Jamón eingeführt, um zu überprüfen, ob die gewünschten Aromen erreicht sind.

Das Ganze hat Ähnlichkeiten zur Käseherstellung, auch hier wird bekanntermaßen durch das Einstechen das Aroma und die Intensität geprüft.

Die Qualitätsstufen und ihre vier Siegel

Den Ibérico gibt es in unterschiedlichen Qualitätsstufen, die durch verschiedene Siegel an der Keule gekennzeichnet sind.

Diese Etikettierung ist für Verbraucher besonders wichtig, da sie ihren Schinken so bestens identifizieren können. Schließlich will ja auch jeder wissen, was auf dem Teller ist.

Insgesamt gibt es vier verschiedene Siegel, die je eine andere Farbe besitzen.

Qualitätsverschlüsse für Schinken Iberico
Die vier Verschlusstypen für den Schinken

Schwarz: Schinken aus Eichelmast und einhundert Prozent iberisch

Das schwarze Siegel bezeichnet Tiere aus der Eichelmast, die hundertprozentig iberisch sind. Sie sind in Freiheit aufgezogen und mit Eicheln, Kräutern und natürlichen Mitteln der Weide (Dehesa) gefüttert.

Mutter und Vater sind ebenfalls zu einhundert Prozent iberisch. Mit einem Durchschnittsgewicht von 92 bis 115 Kilogramm kommen die Tiere zwischen dem 1. Oktober und 15. Dezember auf die Waldweide. Dort leben sie mindestens 60 Tage und legen nochmal 46 Kilo zu.

Im Zeitraum vom 15. Dezember bis zum 15. April jeden Jahres findet die Schlachtung statt. Dann müssen die Schweine ein Mindestgewicht von 108 Kilogramm und ein Alter von mindestens 14 Monaten erreicht haben.

Eicheln für Ibérico Schinken
Diese Eicheln verleihen dem Ibérico seinen einzigartigen Geschmack

Rot: Schinken aus Eichelmast

Siegel in Roter Farbe bedeuten, dass die Tiere iberische Eicheln als Futter bekamen und zu 75 oder 50 Prozent der iberischen Rassen abstammen.

Zu dieser Kategorie zählen reine und iberische Schweine, die zumindest 60 Tage auf der Weide verbracht und einen Gewichtszuwachs von 29 Kilo haben.

Grün: Schinken aus Mastzucht

Ist das Siegel Grün, dann stammen die Tiere aus der Mastzucht. Auch sie können von hundertprozentig iberischen Schweinen kommen oder aber 75 und 50 Prozent der iberischen Rasse enthalten.

Ihre Fütterung erfolgt auf der Grundlage von Feldkräutern und Trockenfutter, das hauptsächlich aus Getreide und Hülsenfrüchten besteht.

Weiß: Schinken aus Stallmast

Das weiße Siegel steht schließlich für den Jamón de Cebo Ibérico. Doch auch er kann von hundertprozentig iberischen Tieren sein oder 75 Prozent oder 50 Prozent der iberischen Rasse enthalten.

Die Tiere werden hauptsächlich auf Schweinehöfen gehalten und mit Getreide und Hülsenfrüchten ernährt. Um als Stallmast angesehen zu werden, müssen sie 108 Kilo wiegen und mindestens 10 Monate alt sein.

MUTTER VATER   ERGEBNIS
100% Iberisch 100% Iberisch 100% Iberisch
100% Iberisch 50% Iberisch 75% Iberisch
100% Iberisch Duroc 50% Iberisch

Woran erkenne ich einen guten Ibérico Schinken?

Kommen wir nun zum Wichtigsten, nämlich zur Qualität des Schinkens und woran wir ein wirklich gutes Produkt erkennen können. Ein guter Ibérico lässt sich anhand von vier Kriterien bestimmen:

1. Das Aussehen der Keule

Ibérico -Schweine sind im Idealfall in der freien Wildbahn unterwegs und damit magerer als Tiere aus der Käfighaltung. Sie zeichnen sich durch eine lange und schlanke Keule aus.

Die Hufe ist schwarz und das ist ein erstes Anzeichen dafür, dass es ein Ibérico ist. Es muss aber nicht unbedingt der Fall sein, denn auch andere Rassen haben diese Färbung.

Ibérico Schinken Top-Qualität
So sieht ein echter und hochwertiger Ibérico aus

2. Die Farbe des Fleisches und Fettes

Das Fleisch des Ibérico-Schinkens ist tiefrot und das subcutane Fett, also das direkt unter der Haut, verfügt über einen markanten Glanz. Es wirkt leicht gelblich.

Das viszerale Fett, also das tiefer sitzende, erhält teilweise eine rosa Färbung. Das kommt daher, da das Fleisch insgesamt intensiv rot ist und die Farbstoffe leicht ins Fett übergehen.

Ibérico Farbe und Glanz
Die Färbung und der Glanz des Fleisches sind hier ganz klar zu erkennen

3. Der Geruch

Ibérico-Schinken riecht sehr intensiv, leicht ranzig und etwas süßlich. Der Geruch ist nicht zu vergleichen mit unseren heimischen Luftgetrockneten Schinken, die wir von unserem Fleischer kennen.

4. Der Geschmack

Im Gaumen entsteht ein vollmundiger Geschmack, je länger wir auf dem Schinken kauen. Im Abgang schmeckt er nussig, da Ibérico-Schweine vornehmlich Eicheln essen und das schmeckt man. Außerdem ist er sehr salzig, allerdings schmeckt er nicht unangenehm.

Anschließend geht der Geschmack ins Süßliche über. Insgesamt ein sehr runder Geschmack, den ich bisher von keinem anderen Schinken kenne. Je länger ihr den Schinken kaut, desto mehr Aromen bilden sich nach und nach.

Darüber hinaus ist das Fleisch der Tiere durch die überwiegend freilaufende Haltung mager, zart und äußerst saftig. Ich muss sagen, Ibérico-Schinken schmeckt wirklich gut.

Und man benötigt nicht viel, um ihn zu genießen. Ein frisches Stück Brot, gutes Olivenöl und den Schinken, pur wie er ist. Herrlich!

Schneiden des Ibérico Schinken
Das richtige Schneiden des Ibérico muss erstmal gelernt werden, da die Technik entscheidend ist

Hier einige Impressionen vom Abend mit ganz tollen Gerichten im Restaurant Portomarin in Hamburg.

Über ASICI

Die Asociación Interprofesional del Cerdo Ibérico (ASICI) (Interprofessionelle Vereinigung des Iberischen Schweins) ist eine gemeinnützige Interprofessionelle Nahrungsorganisation (OIA), in der gleichberechtigt Organisationen der Herstellung (Viehzüchter) und der Weiterverarbeitung (Industrielle) des iberischen Schweins vertreten sind. Sie wurde 1992 vom Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung gegründet und 1999 als eine interprofessionelle Nahrungsorganisation für den Sektor des iberischen Schweins anerkannt.

ASICI umfasst 14.300 Viehzüchter, mehr als 90 Schlachthöfe in Spanien und Portugal und 600 Unternehmen (Weiterverarbeitung/Umwandlung) von 13 autonomen Regionen der Industrie und des Handels. In der Interprofessionellen werden Produktionen aus dem gesamten Land vertreten: 90% aus dem Herstellungsbereich und 90% des Industrie-/Vermarktungsbereichs.

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