Käse und Wein perfekt kombinieren – Interview mit Affineur Walo von Mühlenen

von Artur Jagiello
7 Minuten Lesezeit
Affineur Walo von Mühlenen im Käsekeller

Die richtige Kombination aus Käse und Wein kann zu einem vollmundigen Geschmackserlebnis werden – oder aber in einem aromatischen Chaos enden. Beide stehen für puren Genuss und sind wie geschaffen für einen gemütlichen Abend mit Gästen. Doch wer einen Weinabend mit Freunden plant, sollte ein paar wichtige Dinge beachten.

Schnell tauchen Fragen auf: Welcher Käse passt am besten? Zu welchem Glas Rot- oder Weißwein harmoniert ein Camembert? Wann ist der perfekte Moment für einen Bergkäse? Und kann ein Blauschimmelkäse, so intensiv er auch ist, wirklich überzeugen?

Damit euer Weinabend garantiert gelingt, haben wir einen echten Profi befragt. Für unser Experteninterview stand uns niemand Geringerer als der berühmte Affineur Walo von Mühlenen aus der Schweiz Rede und Antwort – und verriet seine besten Tipps für das perfekte Zusammenspiel von Käse und Wein.


Was ist ein Affineur?

Ein Affineur ist ein echter Käsemeister. Er kauft junge Käselaibe und begleitet sie auf ihrer Reise zum vollen Aroma. In speziellen Reifekellern sorgt er dafür, dass jeder Käse unter den besten Bedingungen lagert. Dort wird er regelmäßig gepflegt, gewendet und verfeinert, bis er seinen perfekten Reifegrad erreicht hat.
Dieser Veredelungsprozess nennt sich Affinage. Dabei entwickelt der Käse nicht nur seine charakteristische Textur, sondern auch seinen einzigartigen Geschmack. Dieser reicht von mild und cremig bis hin zu kräftig-würzig. Dank der Arbeit des Affineurs wird aus einem einfachen Käse ein echtes Genusserlebnis.

Ein guter Blauschimmelkäse zusammen mit einem Glas Portwein ergeben einen wunderbaren Abschluss eines Sommertages.

Walo von Mühlenen


Welche Grundregeln gelten bei der Kombination von Käse und Wein? Gibt es Faustregeln, wie man die Aromen von Käse und Wein harmonisch abstimmt?
Käse und Wein sollten sich in ihrer Intensität die Waage halten. Ein kräftiger, lang gereifter Käse braucht einen Wein mit Struktur und aromatischer Tiefe, damit beide Partner auf Augenhöhe agieren. Leichte, junge Käse harmonieren dagegen besser mit frischen, fruchtigen Weinen. Generell passen Weiß- oder Roséweine oft besser als kräftige Rotweine, die mit ihren Tanninen schnell das Käsearoma überdecken. Eine Ausnahme bildet Blauschimmelkäse – hier darf es gern auch mal ein charakterstarker Rotwein oder sogar ein süßer Portwein sein.

Welche Weinsorten passen besonders gut zu reifem, würzigem Käse?
Zu einem 36 Monate gereiften Käse mit intensiven Noten – wie meinem Blumenwiesenkäse – empfehle ich einen eleganten Franciacorta oder einen gereiften Champagner. Beide bringen feine Perlage und Komplexität mit, die wunderbar mit der Reife und Tiefe des Käses spielen. Auch ein fruchtbetonter Weißwein mit vielschichtiger Aromatik kann hier überraschen.


Affineur Walo von Mühlenen im Käsekeller

Über Walo von Mühlenen

Walo von Mühlenen ist in der Schweiz geboren und dort aufgewachsen. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft arbeitete er in internationalen Unternehmen wie Philip Morris, Johnson & Johnson oder Henkel. Anschließend ist er dem Familienunternehmen beigetreten und gehört zur fünften Generation.

Wie finde ich den richtigen Wein zu mildem Frischkäse oder Ziegenkäse?
Milde Käse wie junger Schnittkäse oder Frischkäse vertragen sich sehr gut mit frischen, lebendigen Weißweinen – etwa einem Sancerre, einem Riesling Kabinett oder einem Gutedel. Auch ein Blanc de Blancs Champagner oder ein leichter Pinot Noir oder Grenache kann das zarte Aroma fein unterstreichen.

Was sollte man eher vermeiden – gibt es klassische Fehlkombinationen?
Tanninreiche Rotweine sind problematisch – sie erschlagen das feine Käsearoma regelrecht. Auch süße Weine passen nicht immer; zu vielen Käsesorten wirken sie zu dominant oder gar klebrig. Ausnahmen bestätigen die Regel: Ein kräftiger Blauschimmelkäse verträgt sehr gut ein Glas Süßwein oder Port.

Gibt es Weine, die gar nicht zu Käse passen bzw. nicht üblich sind?
Rotweine, die gut zu Wild oder Rindfleisch passen – also körperreich und tanninbetont – sind meist keine gute Wahl für Käse. Sie nehmen dem Käse die Bühne und machen ihn beinahe unsichtbar im Geschmacksbild.

Welche Käsearten sollte man als Gastgeber unbedingt kennen?
Wer Gäste mit Käse begeistern will, sollte die Rohmilchklassiker kennen. Etwa Le Gruyère AOP, Comté, Parmigiano Reggiano – alle mit Tiefe und Charakter. Bei Blauschimmelkäse empfehle ich Stilton und Gorgonzola, für Weichkäse etwa Camembert, Brie de Meaux, Munster oder Taleggio. Auch Schaf- und Büffelkäse wie Roquefort, Manchego oder Büffelmozzarella gehören dazu. Wer wirklich überraschen möchte, lässt sich von einem Affineur beraten – etwa bei meinen Spezialitäten von Antoine, dem Käsekünstler.

Welche regionalen oder saisonalen Käsesorten empfehlen Sie gerade jetzt im Sommer/Spätsommer?
Im Sommer greife ich gern zu Frischkäse oder Weichkäse – etwa Mozzarella, der erfrischt und leicht wirkt. Abends darf es dann ruhig auch ein kräftigerer Käse sein: Ein guter Blauschimmelkäse zusammen mit einem Glas Portwein ergibt einen wunderbaren Abschluss eines Sommertages.

Gibt es besondere Geheimtipps abseits von Brie, Camembert und Bergkäse?
Ein echtes Highlight ist mein 36 Monate gereifter Alpkäse von Antoine. Wenn man ihn fein hobelt und mit einem Glas Franciacorta genießt, dann wirkt selbst ein grauer Tag plötzlich rosarot.

Wie sollte Käse idealerweise gelagert und serviert werden?
Käse gehört ins Käsepapier – das atmet mit. Im Kühlschrank lagert er idealerweise in der untersten Zone. Weichkäse mag es kühler, Hartkäse ist robuster und verträgt sogar Zimmertemperatur. Falls sich Schimmel auf Hartkäse bildet, genügt es, ihn großzügig wegzuschneiden – der Rest ist genießbar.

Welche Temperatur ist für den Käsegenuss optimal?
Am besten schmeckt Käse bei 18 bis 25 Grad. Also: mindestens eine Stunde vor dem Servieren aus dem Kühlschrank nehmen. Nur dann entfalten sich die Aromen vollständig.

Sollte man Wein und Käse gemeinsam verkosten oder nacheinander genießen?
Unbedingt gemeinsam. Nur im Zusammenspiel entfaltet sich das volle Genuss-Erlebnis. Wichtig dabei: Erst Käse, dann Wein – nie umgekehrt. Wer etwa nach einem Blauschimmelkäse einen Weißwein probiert, erlebt ihn als flach. Umgekehrt funktioniert’s deutlich besser.

Gibt es eine Reihenfolge beim Servieren verschiedener Käsesorten?
Ja, und die ist ganz einfach: von mild zu kräftig. So bleiben die Geschmacksknospen wach und offen für die Nuancen.

Welche Kombinationen (z. B. mit Nüssen, Honig, Früchten) heben Käse und Wein auf ein neues Level?
Es sind oft die kleinen Extras, die aus einem Käsegang ein Erlebnis machen.

  • Hartkäse verträgt sich hervorragend mit Dörrbirnen und Haselnüssen.
  • Weichkäse liebt Honig, Aprikosen oder Feigen.
  • Blauschimmelkäse glänzt mit Datteln, Walnüssen oder sogar Bitterschokolade.
    Auch die Textur spielt eine Rolle: Weichkäse profitiert von kontrastierenden Elementen wie kandierten Nüssen oder knusprigem Brot.

Wie sieht die perfekte Käseplatte für einen gemütlichen Abend aus – welche Sorten dürfen nicht fehlen?
Drei bis fünf gut ausgewählte Käsesorten reichen völlig. Etwa:

  • Brie de Meaux AOP
  • Antoine kräftig-delikat (ein 8 Monate affinierter Schnittkäse)
  • Rotwein-Bergler (12 Monate gereift, mit Rotwein affiniert)
  • Le Gruyère AOP
  • Roquefort oder Stilton als Blauschimmel
    Dazu Birne, Feigensenf, Honig, Nüsse – aber bitte nicht überladen. Weniger ist mehr.

Welche Brotsorten oder Cracker eignen sich am besten als Begleiter?
Sauerteigbrot ist mein Favorit – schön rustikal, mit Charakter. Auch ein gutes Baguette, Nussbrot oder hochwertige Cracker – etwa von The Fine Cheese Co. – passen hervorragend.

Und hier kommt auch das passende Rezept zum Backen des eigenen Sauerteigbrotes!

Was ist Ihre persönliche Lieblingskombination aus Käse und Wein – und warum?
Ganz klar: Mein Antoine Alpage, 36 Monate gereift, fein gehobelt – dazu ein Glas Franciacorta. Diese Kombination bringt alpine Kraft und elegante Perlage zusammen. Mehr brauche ich nicht.

Welche Kombination überrascht Gäste am meisten?
Ein junger Parmigiano Reggiano mit Lambrusco. Das wirkt zunächst unspektakulär – aber an einem warmen Sommerabend ist es eine wunderbar ehrliche und überraschend runde Kombination.

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Was macht einen handwerklich hergestellten Käse besonders?
Jeder Laib ist ein Unikat. Die Milch stammt von echten Bauernhöfen, nicht aus der anonymen Masse. Es braucht Erfahrung, Fingerspitzengefühl und viel Geduld – das alles schmeckt man.

Worauf sollten Verbraucher beim Kauf von Käse achten (z. B. Regionalität, Tierwohl)?
Auf einige einfache Dinge: Rohmilch, Heumilch statt Silage, Weidehaltung, handwerkliche Produktion und eine transparente Herkunft. Besonders empfehle ich Alpkäse – der wird nur im Sommer auf der Alp hergestellt und trägt den Charakter der Landschaft in sich.

Wie unterscheidet sich handwerklich hergestellter Käse von industrieller Ware?
Industriekäse ist korrekt – aber oft seelenlos. Handwerklicher Käse hat Charakter, Tiefe und Persönlichkeit. Man schmeckt die Jahreszeit, die Wiese, den Mensch, der ihn gemacht hat.

Was möchten Sie uns noch mitgeben?
Wer echten Käse entdecken will, muss bereit sein, ihm zuzuhören. Käse ist wie guter Wein – er erzählt Geschichten. Von der Wiese, vom Tier, vom Menschen dahinter.

Lieber Walo, vielen lieben Dank für das tolle Gespräch!

Überblick mit passenden Kombinationen von Käse und Wein

KäseartBeispielkäsePassender WeinExtras für die Käseplatte
Milder Frisch-/WeichkäseFrischkäse, junger Schnittkäse, ZiegenkäseFrische, lebendige Weißweine (Sancerre, Riesling Kabinett, Gutedel), Blanc de Blancs Champagner, leichter Pinot NoirHonig, Aprikosen, Feigen, knuspriges Baguette
Halbfester SchnittkäseBrie de Meaux, Taleggio, MunsterFruchtige Weißweine, leichter RotweinNüsse, Trauben, Birne
Hartkäse (gereift)Le Gruyère AOP, Comté, Parmigiano Reggiano, 36 Monate Alpkäse von AntoineEleganter Franciacorta, gereifter Champagner, fruchtbetonter WeißweinDörrbirnen, Haselnüsse, Feigensenf
BlauschimmelkäseRoquefort, Stilton, GorgonzolaSüßweine (Port, Sauternes), charakterstarker RotweinDatteln, Walnüsse, Bitterschokolade
Überraschungskäse / SpezialRotwein-Bergler (affiniert), BlumenwiesenkäseJe nach Intensität: komplexe Weißweine, gereifter Schaumwein, milder RotweinFeigen, kandierte Nüsse, Honig

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